Liebe Sabine, im Oktober 2021 stösst du als Geschäftsleitungsmitglied für Digital Marketing und Fundraising zu uns. Dein Fokus wird auf dem Auf- und Ausbau von DIE FUNDRAISER by Qmart liegen. Höchste Zeit, dass unsere Leserinnen und Leser ein wenig mehr über unsere neue Kollegin erfahren!
Wie sieht dein Werdegang aus?
In Frankfurt studierte ich an der Uni Betriebswirtschaftslehre mit Fokus auf Marketing und Umweltökologie und schloss das Studium als Diplomkauffrau ab.
Meine berufliche Laufbahn startete ich im Profit-Bereich im Versandhandel beim Otto Konzern. Nach einem Trainee-Programm im Marketing übernahm ich gleich die Leitung einer Abteilung. Da verantwortete ich das Zielgruppenmarketing für Bestellcenter und Sammelbesteller – in der NPO-Branche entspricht das den Grossspendern.
Gleichzeitig war das mein Eintritt in die Welt des Dialogmarketings, die mich auch heute noch fasziniert. Logisch, stand damals Print im Mittelpunkt. Wir versandten Mailings und Kataloge in Grossauflagen, kreierten Kataloganstossketten und betrieben Telefonmarketing.
Eine Leidenschaft, die ebenfalls in dieser Zeit fusst, ist Data Analytics und was man mit dem intelligenten Verknüpfen von Daten alles erreichen kann.
Das ist spannend. Erzähl bitte mehr darüber.
Der Otto-Konzern spielte und spielt in Sachen Data Mining und Data Analytics in der ersten Liga. Bereits früh entwickelte Otto eigene Scoring-Modelle, um die Kundinnen und Kunden zu beurteilen und um vorherzusagen, wie diese Kunden sich weiterentwickeln werden.
Es gab zum Beispiel ein Scoring-Modell, um einzuschätzen, welche der inaktiven Käufer sich mit welcher Wahrscheinlichkeit und zu welchem ROI wieder aktivieren lassen. Das haben wir ausgetestet und Vorhersage und Resultat stimmten praktisch zu 100% überein.
Kein Wunder, trieb Otto auch die Digitalisierung des Marketings bereits früh voran, wovon ich ebenfalls profitierte. Damals lag der Schwerpunkt auf Websites und Online-Shops.
Nach Otto war ich in Führungspositionen im Marketing bei Hess Natur, AOL und BBDO tätig, und nach der Geburt meiner Tochter einige Jahre selbständig als Beraterin.
Und dann folgte der Wechsel auf die Non-Profit-Seite.
Richtig. Im Mai 2005 kam Unicef. Im Rucksack hatte ich mittlerweile ein umfangreiches Wissen und Erfahrung rund um Data Analytics, Marketing und digitale Themen. Das war genau das, was Unicef damals suchte.
Die nächsten acht Jahre war ich Leiterin Fundraising bei Unicef und habe ab 2007 das digitale Marketing der Hilfsorganisation auf- und ausgebaut. Heute ist Unicef unter den NPOs in Deutschland am weitesten, was die Digitalisierung anbelangt. Dazu beigetragen zu haben, erfüllt mich mit Stolz.
Nach Unicef blieb ich dem NPO-Universum weiterhin treu. Allerdings wechselte ich auf die Beraterseite zu AZ fundraising services GmbH in Gütersloh in Deutschland. Hauptaugenmerk lag dort auf dem strategischen Teil. Für viele Non-Profit-Organisationen entwickelten und realisierten mein Team und ich individuelle Strategien für die Digitalisierung des Fundraisings und Content Strategien.
Bei AZ fundraising in Deutschland hast du das Online Fundraising Forum auf die Beine gestellt.
Genau. Die Digitalisierung des Fundraisings – selbstverständlich ohne die klassischen Massnahmen ausser Acht zu lassen – ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich glaube, über kurz oder lang muss sich jede NPO mit dem Thema auseinandersetzen. Deshalb entwickelten wir das Online Fundraising Forum, das sich grosser Beliebtheit erfreut und mittlerweile über die deutsche Grenze hinaus bekannt ist. Nächstes Jahr, im Februar 2022, wird das achte Online Fundraising Forum übrigens erstmalig auch in Zürich durchgeführt.
Jetzt wechselst du in die Schweiz zu Qmart, wo du «DIE FUNDRAISER by Qmart» aufbaust. Was genau zieht dich in die Schweiz?
Ganz einfach: die Menschen. Viele Landsleute sagen mir zwar, die Schweizer mögen keine Deutschen. Ich habe festgestellt, dass dem nicht so ist. Den Umgang mit mir empfinde ich als sehr respektvoll und freundlich, was ich sehr schätze. Was mir ebenfalls aufgefallen ist: Nach dem Lockdown herrschte in der Schweiz rasch wieder ein offenes, positives Lebensgefühl in Deutschland hakt das noch.
Dann die Natur. Ich bin gerne draussen unterwegs und habe ein grosses Faible für die Bergwelt. Ich liebe es in den Bergen unterwegs zu sein – egal ob in Wanderschuhen oder Schneeschuhen. Das bringt mir Ruhe, daraus schöpfe ich Kraft. Und der nächste Berg ist immer innert kürzester Zeit erreichbar.
Last but not least ziehen mich selbstverständlich «DIE FUNDRAISER by Qmart» in die Schweiz. Ab Oktober 2021 bin ich bei Qmart Geschäftsleitungsmitglied für Digital Marketing und Fundraising. Da kann ich meine Stärken als Unternehmerin und Macherin ausleben, innovative Strategien entwickeln, Dinge bewegen und vorantreiben.
Ich freue mich deshalb extrem darauf, in einem jungen Team zu arbeiten, das Start-Up-mässig unterwegs ist. Das sich mit Dialog-Marketing, Data Analytics und Marketing Automation auseinandersetzt. Plattformen wie HubSpot und weitere Lösungen nutzt. APIs programmiert. Kurz, ein Team das in der digitalen Welt zuhause ist – ebenso wie ich.
Wie gut kennst du die Schweizer Fundraising Szene bereits?
Klar, gibt es da Luft nach oben, da ich bisher vor allem in Deutschland tätig war. Handkehrum habe ich in den vergangenen Jahren bereits vier Non-Profit-Organisationen aus der Schweiz in puncto Online-Fundraising-Strategie beraten.
Am SwissFundraisingDay 2020 war ich Keynote-Speakerin und gab einen Workshop zum Thema Content-Strategie und Storytelling. Da kam ich selbstverständlich mit vielen Menschen aus dem NPO-Bereich ins Gespräch. Eine gewisse Nähe zur Fundraising-Szene in der Schweiz ist also definitiv da. Ich freue mich darauf, diese zu vertiefen.
Die Datenlage ist zwar gering. Trotzdem: Konntest du bei der Zusammenarbeit mit den vier Schweizer NPOs bereits Unterschiede zu Deutschen NPOs feststellen?
Eines ist mir aufgefallen: Wegen meiner Leidenschaft für Data Analytics habe ich in Deutschland immer wieder versucht, das Thema bei Fundraising-Organisationen zu pushen, da ich es für absolut relevant halte. NPOs haben so viele Daten, die sie verwenden könnten, um ihr Fundraising voranzubringen, aber es nur in geringem Mass tun. Da werden zwar Spender-Strukturanalysen gemacht doch zum Beispiel keine individuellen Scoring-Modelle aufgebaut. Darauf angesprochen, hält sich die Begeisterung das zu tun, in sehr engen Grenzen.
Bei den Schweizer NPOs, mit denen ich zusammengearbeitet habe, ist das anders. Sie sind gegenüber den Themen Daten und Datenanalysen offen und erkennen, dass es wichtig ist, diese in eine Digital-Strategie aufzunehmen.
Was fasziniert dich am Thema Fundraising?
In der Wirtschaft geht es meist darum, ein klar definiertes Produkt, das im besten Fall einen klaren USP hat, zu verkaufen. Fundraising funktioniert anders. Da geht es darum, den Menschen emotionale Themen nahe zu bringen, sie für Projekte zu begeistern, die die Welt ein Stück besser machen.
Das schafft man aus meiner Sicht nicht mit trockenen Fakten, sondern mit Storytelling rund um das was eine Organisation tut und bewegt – und sind wir ehrlich: Da gibt es ohne Ende Geschichten zu erzählen. Geschichten, die die Menschen auch tatsächlich interessieren und dabei helfen, eine Nähe zur Organisation zu entwickeln.
NPOs in diesem Bereich zu unterstützen und Daten basierte Kommunikationsketten aufzubauen, finde ich absolut spannend: Was sind eure Geschichten? Wie erzählt ihr diese auf eine emotionale Weise? Wie holt ihr eure bestehenden und zukünftigen Spenderinnen und Spender mit diesen Geschichten ab? Und wo?
Selbstverständlich ist es nicht damit getan, eine solche Journey einmal einzurichten und dann einfach laufen zu lassen. Danach geht es darum – wiederum aufgrund der Datenlage – die Kommunikationsketten laufend zu optimieren und neue zu entwickeln.
Und natürlich will ich Fundraiserinnen und Fundraiser generell dabei unterstützen, ins digitale Fundraising einzusteigen oder es gemeinsam weiterzuentwickeln.
Kurz und pathetisch: Ich lebe und sterbe dafür, Fundraising-Organisationen Digitalisierung, Automation und Storytelling nahezubringen – weil das absolut relevant ist für ihre Zukunft.
Starke Worte! Bleibt da noch Platz für eine private Sabine? Und wie sieht die aus?
Selbstverständlich. Ich habe eine 21-jährige Tochter, zu der ich ein sehr nahes Verhältnis pflege.
Ich liebe alles was mit Grossbritannien zu tun hat und reise deshalb gerne durch England, Irland, Schottland. Da ich wegen meiner ökologischen Überzeugung nicht fliege und auch möglichst auf das Autofahren verzichte, reise ich grundsätzlich mit der Bahn. Gerade England und Schottland lassen sich damit super bereisen. In Irland wird es ein wenig schwieriger, wäre aber mit Zug und Fähre auch machbar.
Oft werde ich gefragt, ob ich denn nichts verpasse, wenn ich mich nicht auch mal in ein Flugzeug setze. Weil weiter entfernte Länder, zumindest in normalen Ferien, kaum zu erreichen sind. Nein, tu ich nicht. Denn auch in der Nähe, und damit meine ich ganz Europa, gibt es unendlich viel zu entdecken.
Was mache ich sonst noch? Ach ja: Zum Ausgleich treibe ich viel Sport und Fitness rund fünf Mal die Woche. Dass ich gerne wandere und in den Bergen unterwegs bin – vor allem in der Schweiz – habe ich bereits erwähnt.
Was magst du an der Schweiz kulinarisch am liebsten?
So klischeehaft sich das anhört: Käse in all seinen Varianten! Bereits in Deutschland kann ich mich der Magie von Käseständen nicht entziehen. Vermutlich bin ich bei uns im Dorf die beste Kundin des Käseverkäufers. Und in der Schweiz mit all diesen Variationen von Berg- und Alpkäse, von Hart- und Weichkäse bis hin zu herrlichem Blauschimmelkäse … da fühle ich mich wie im Schlaraffenland.
Das gibt den Steilpass für die Schlussfrage: Fondue oder Raclette?
Ganz klar Fondue! Und jetzt habe ich endgültig Hunger.
Na dann: «En Guete» und herzlichen Dank fürs Interview!
Liebe Sabine, ein toller Werdegang. So eine Frau brauchen wir auch noch in unserem Unternehmen! Viel Erfolg weiterhin!